Evelyn Kliesch | Rusa Morke (Kuratorinnen) : Pipeline Prinzipien

Atelier- und Galeriehaus Defet Gustav-Adolf-Str. 33, 90439 Nürnberg
Eröffnung: Samstag, 18. September 2021, 14.00 Uhr
Ausstellungsdauer: 19. September 2021 bis 7. November 2021

Ein Ausstellungsprojekt des Instituts für moderne Kunst in Kooperation mit dem kunstbunker – forum für zeitgenössische kunst, kuratiert von Evelyn Kliesch und Rusa Mørke.

Künstler*innen:
Tekla Aslanishvili
Sophia Eisenhut
Giorgi Gago Gagoshidze
Katharina Keller
Georg Kliesch
Ghislaine Leung
Klara Lidén
Alina Manukyan
Charlotte Posenenske
Ed Ruscha
Gili Tal

»Die Gruppenausstellung Pipeline Prinzipien ist eine freie kuratorische Arbeit von Rusa Mørke und mir. Für das Programm des Instituts für moderne Kunst konzipierten wir eine Ausstellung, deren inhaltliche Ursprünge in unseren Lebensumständen liegen. In der Zusammenarbeit zwischen uns zwei Künstlerinnen stellte sich schnell die Frage nach der Legitimation unserer gemeinsamen kuratorischen Arbeit sowie dem örtlichen Kontext (Räumlichkeiten des Instituts für moderne Kunst und des kunstbunkers Nürnberg). Wir möchten uns Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Beziehungsverhältnisse genauer ansehen, zwischen uns, und, gröber gedacht – zwischen jeglichen Entitäten.« (Evelyn Kliesch)

Die Ausstellung Pipeline Prinzipien thematisiert globalisierte Wirtschaftskreisläufe und damit verbundene Produktionsbedingungen, sie reflektiert international verflochtene Produktionsprozesse, globale Zirkulations- und Distributionstechnologien, wie sie sich am Beispiel der Pipeline manifestieren. Pipelines sind sichtbarer Teil von Wirtschaftskreisläufen, die sowohl notwendige Verbindungen als auch materielle und politische Abhängigkeiten und Hierarchien generieren.

»Es gibt unterschiedliche entwicklungspolitische Theorien. Eine davon ist die sogenannte Dependenztheorie. In dieser Theorie wird die Weltwirtschaft auf zwei Hierarchie-Ebenen reduziert: hoch entwickelte Industriezentren, die Industriegüter anbieten, und unterentwickelte Peripherien, die als bloße Lieferanten für fossile Rohstoffe dienen. Eine andere, die Weltsystemtheorie, unterteilt die Welt in drei Zonen: Zentrum, Peripherie und Semiperipherie. (…) Die Modernisierungstheorie versteht hingegen die gesellschaftliche Entwicklung als einen nahezu natürlichen endogenen genetischen Code des Menschen.« (Rusa Mørke)
Am Beispiel Georgiens zeigt sich, dass dieses Land durch den Bau der BTC-Pipeline zum Transitland umfunktioniert wurde und der Kaukasus »als bloßes Objekt militärischer Kontrolle durch die Großmächte gesehen und ausgenutzt« wird. (Rusa Mørke)

Für das Projekt Pipeline Prinzipien haben Evelyn Kliesch und Rusa Mørke exemplarische Positionen ausgewählt, die sich – aus verschiedenen Blickwinkeln und unterschiedlich akzentuiert – mit der infrastrukturellen, politischen und gesellschaftlichen Komplexität der Zirkulation von Rohstoffen, Energie und Material beschäftigen. Etwa in der Videoarbeit Scenes from Trial and Error (2020) von Tekla Aslanishvili, bei der die georgische Künstlerin die Entstehung einer Smart City in Anaklia, einem kleinen Fischerort am Schwarzen Meer, dokumentierend begleitet. Katharina Kellers siberian brutalism (seit 2018) wiederum thematisiert ornamentale Formen, welche die Ku?nstlerin in ihrer Geburtsstadt Omsk (Sibirien) gefunden hat. Bei diesen in Beton gegossenen und mit Benzin-Duftstoff benetzten Skulpturen steht die verspielte Formensprache der Ornamente in krassem Gegensatz zum beißenden Benzingestank, den sie verströmen. Auch der Film The Invisible Hand of my Father (2018) des georgischen Filmemachers Giorgi Gago Gago-shidze thematisiert am Beispiel seines Vaters kafkaeske bürokratische Hürdenläufe, die es benötigt, um nach dem Verlust der rechten Hand durch einen Arbeitsunfall eine Invalidenrente zu erhalten. Die Hand symbolisiert die soziale und wirtschaftliche Sicherheit, die der Vater der Familie bieten konnte.
Am Ende stellen sich viele Fragen: Inwieweit ist auch die Kunst globalisierten Arbeitsbedingungen unterworfen? Welche Verbindungen kann sie schaffen und von welchen Abhängigkeiten muss sie sich lösen? In welche Hierarchien und Abhängigkeiten sind wir selbst eingebettet und wie können wir das eigene Leben und Arbeiten achtsamer, kritischer und nachhaltiger gestalten? Welche Rolle wollen wir selbst spielen im großen globalen Kreislauf, in welche Richtung wollen wir gehen?

Institut für moderne Kunst
im Atelier- und Galeriehaus Defet
Gustav-Adolf-Strasse 33 · 90439 Nürnberg

19. September bis 7. November 2021
Eröffnung: Samstag, 18. September, 14 - 18 Uhr

Öffnungszeiten:
Donnerstag, Freitag: 14.00 bis 18.00 Uhr
Samstag: 11.00 bis 15.00 Uhr
Sonntag: 14.00 bis 18.00 Uhr

kunstbunker – forum für zeitgenössische kunst
Bauhof 9 · 90402 Nürnberg

19. September bis 17. Oktober 2021
Eröffnung: Samstag, 18. September, 14 - 20 Uhr

Öffnungszeiten:
Donnerstag, Freitag, Samstag: 16.00 bis 20.00 Uhr
Sonntag: 14.00 bis 18.00 Uhr


Rahmenprogramm:
Samstag, 18. September um 14.00 Uhr: BOHRUNG, Performance, Tabea Nixdorff im Ausstellungsraum des Instituts für moderne Kunst
Sonntag, 19. September um 16.00 Uhr: EXERCITIA S. KATHARINAE MANRESAE, Lesung von Sophia Eisenhut im Ausstellungsraum des Instituts für moderne Kunst
Montag, 20. September um 14.00 Uhr: THEMENFÜHRUNG DURCH DEN BAYERNHAFEN NÜRNBERG (Busfahrt), Treffpunkt um 14.00 Uhr am kunstbunker, Anmeldung unter info@moderne-kunst.org

Für den Besuch der Ausstellung gelten die aktuellen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung der Verbreitung der Covid-19-Pandemie.

Parallel zeigt die Oechsner Galerie die Ausstellung Als ob von Gisela Kleinlein.

Ausstellungsansichten: Lukas Pürmayr